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Allgemein

Ablauf eines Inkassoverfahrens: Definition und einzelne Schritte

Wer vergessen hat, eine Rechnung zu bezahlen, und auch auf Mahnungen nicht reagiert hat, muss mit einem Inkassoverfahren rechnen. Es dient dazu, offene Forderungen zu begleichen, und kann bei Privatpersonen ebenso wie bei Geschäftskunden angewendet werden. Die Gläubiger schalten ein Inkassounternehmen oder einen Fachanwalt für Inkassorecht ein. Für Gläubiger bedeutet dies eine erhebliche Entlastung, da sie den zeit- und ressourcenintensiven Einzug von Forderungen an Spezialisten abgeben können.

Was ist ein Inkassoverfahren?

Ein Inkassoverfahren ist ein Prozess, bei dem durch ein vom Gläubiger beauftragtes Inkassobüro oder einen Fachanwalt für Inkassorecht offene Forderungen beim Schuldner eingetrieben werden. Das Verfahren kann mehrere Phasen umfassen und schlimmstenfalls in der Zwangsvollstreckung beim Schuldner enden.

Wichtig ist hierbei, dass in Deutschland nur registrierte Inkassodienstleister (gemäß § 10 Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) diese Tätigkeit ausüben dürfen. Sie müssen ihre Sachkunde nachweisen und sind im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen. Dies dient dem Schutz der Verbraucher und Schuldner vor unseriösen oder gar betrügerischen „Geldsammlern“, die mit unlauteren Methoden arbeiten.

Gläubiger können ihre offene Forderung an ein Inkassounternehmen verkaufen. Bei diesem als Factoring bezeichneten Verfahren kann das Inkassounternehmen im eigenen Namen das Geld beim Schuldner eintreiben. Alternativ dazu kann der Gläubiger in seinem Namen die Forderungen eintreiben lassen und dem Inkassobüro eine Vollmacht erteilen.

Diese beiden Methoden haben unterschiedliche Auswirkungen: Beim Factoring (Forderungsverkauf) erhält der Gläubiger sein Geld (abzüglich einer Gebühr) oft sofort und trägt das Ausfallrisiko nicht mehr. Das Inkassobüro wird zum neuen Gläubiger. Bei der Bevollmächtigung (Inkassomandat) bleibt der ursprüngliche Gläubiger Inhaber der Forderung und zahlt dem Inkassobüro eine Provision oder feste Gebühr für den erfolgreichen Einzug.

Wann wird ein Inkassoverfahren eingeleitet?

Ein Inkassoverfahren wird bei einer berechtigten Forderung eingeleitet. Der Schuldner muss die bestellte Ware oder die beauftragte Dienstleistung tatsächlich erhalten haben. Die Rechnung muss korrekt ausgestellt und dem Schuldner tatsächlich zugestellt worden sein.

Das Inkassoverfahren kann eingeleitet werden, wenn der Kunde in Zahlungsverzug geraten ist. Der Begriff „Zahlungsverzug“ ist hierbei rechtlich entscheidend. Ein Schuldner gerät nicht erst durch eine Mahnung, sondern automatisch in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung zahlt. Bei Verbrauchergeschäften muss auf diese 30-Tage-Folge auf der Rechnung explizit hingewiesen worden sein. Unabhängig von dieser Frist gerät der Schuldner sofort in Verzug, wenn der Gläubiger nach Fälligkeit der Zahlung eine eindeutige Mahnung verschickt.

In der Regel hat der Schuldner trotz mehrfacher Mahnung nicht bezahlt. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung ist eine bestimmte Anzahl von Mahnungen (z.B. „drei Mahnungen“) gesetzlich jedoch nicht vorgeschrieben. Theoretisch kann ein Gläubiger sofort nach Eintritt des Verzugs (z.B. durch die erste Mahnung) ein Inkassobüro beauftragen, obwohl die meisten Unternehmen aus Kulanzgründen zunächst ein eigenes, mehrstufiges Mahnwesen betreiben.

Wie läuft ein Inkassoverfahren ab und welche Schritte sind beteiligt?

Wie ein Inkassoverfahren abläuft und welche Schritte erforderlich sind, hängt maßgeblich davon ab, wie der Schuldner auf die Zahlungsaufforderungen reagiert. Das Inkassoverfahren ist darauf ausgelegt, die Forderung so effizient wie möglich zu realisieren, idealerweise ohne einen teuren und langwierigen Gerichtsprozess. Es kann bis zu vier Schritte umfassen:

1. Vorgerichtliches Inkasso

Das Inkassounternehmen versucht mit dem vorgerichtlichen Mahnwesen, für den Gläubiger eine schnelle Lösung zu erzielen. Der Schuldner kann bis zu zwei schriftliche Inkassomahnungen erhalten. Diese Mahnschreiben müssen die Forderung klar und transparent aufschlüsseln (Hauptforderung, Verzugszinsen, detaillierte Inkassokosten). Seriöse Inkassobüros versuchen in dieser Phase oft auch, telefonisch Kontakt aufzunehmen oder bieten dem Schuldner aktiv eine Ratenzahlungsvereinbarung oder eine Stundung an, um die Schuldenlast tragbar zu machen und eine Einigung zu erzielen. Reagiert er auf die Mahnungen nicht, ist das vorgerichtliche Inkassoverfahren beendet.

2. Gerichtliches Mahnverfahren

Das gerichtliche Mahnverfahren wird eingeleitet, wenn der Schuldner auf die außergerichtlichen Mahnungen nicht reagiert. Der Schuldner zahlt nicht und legt auch keinen Widerspruch ein. Beim zuständigen Mahngericht wird ein Mahnbescheid beantragt, der dem Schuldner amtlich zugestellt wird.

Hier ist wichtig zu verstehen: Beim Erlass des Mahnbescheids prüft das Gericht nicht, ob die Forderung inhaltlich berechtigt ist. Reagiert der Schuldner innerhalb von 14 Tagen nicht (durch Zahlung oder Widerspruch), wird ein Vollstreckungsbescheid erwirkt. Dieser Bescheid ist ein „Titel“ und gleichbedeutend mit einem Gerichtsurteil. Bei einer Pfändung oder Vollstreckung auf Basis dieses Titels ist auch der Zugriff auf Vermögenswerte des Schuldners möglich.

Legt der Schuldner hingegen rechtzeitig Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, wird das Verfahren (nur auf Antrag des Gläubigers) an das zuständige Prozessgericht abgegeben und es kommt zu einem regulären Gerichtsverfahren (Klageverfahren), in dem die Berechtigung der Forderung geprüft wird.

3. Nachgerichtliches Forderungsmanagement und Zwangsvollstreckung

Nachdem die Forderung tituliert wurde (also durch einen Vollstreckungsbescheid oder ein Gerichtsurteil rechtskräftig festgestellt ist), hat der Titelinhaber (der Gläubiger) 30 Jahre lang das verbriefte Recht auf Begleichung der Forderung. Über eine Zwangsvollstreckung können die Ansprüche nun auch gegen den Willen des Schuldners durchgesetzt werden. Zu den Mitteln der Zwangsvollstreckung gehören die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers (zur Pfändung von Wertsachen, Abnahme der Vermögensauskunft), die Kontopfändung (Sperrung und Einzug von Guthaben) oder die Lohn- und Gehaltspfändung direkt beim Arbeitgeber.

4. Überwachungsphase

Kann die Forderung nicht sofort durchgesetzt werden (weil der Schuldner z.B. kein pfändbares Einkommen oder Vermögen hat), tritt die Überwachungsphase ein. Das Inkassounternehmen überprüft regelmäßig die finanzielle Situation des Schuldners (z.B. durch Bonitätsabfragen oder die Analyse der abgegebenen Vermögensauskunft). Sobald sich die finanzielle Situation verbessert (z.B. durch einen neuen Job), kann jederzeit ein neues nachgerichtliches Inkassoverfahren (also ein neuer Zwangsvollstreckungsversuch) eingeleitet werden.

Was kostet ein Inkassoverfahren den Schuldner?

Eine der häufigsten Fragen betrifft die zusätzlichen Kosten. Wenn die ursprüngliche Forderung berechtigt ist und der Schuldner sich nachweislich in Zahlungsverzug befindet, muss er in der Regel auch die Kosten des Inkassoverfahrens tragen. Diese Kosten gelten rechtlich als „Verzugsschaden“ (§§ 280, 286 BGB), den der Schuldner dem Gläubiger ersetzen muss.

Die Höhe der Inkassokosten ist jedoch streng gesetzlich begrenzt. Sie dürfen die Kosten, die ein Rechtsanwalt für dieselbe Tätigkeit verlangen dürfte (gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG), nicht übersteigen. Die Höhe richtet sich dabei nach dem Gegenstandswert (also der Höhe der offenen Hauptforderung).

Für einfache Fälle, in denen die Forderung unbestritten ist und der Schuldner nach dem ersten Inkassobrief sofort zahlt, sind die Gebühren oft niedriger angesetzt (z.B. eine 0,5 bis 0,9 Geschäftsgebühr nach RVG-Tabelle). Wird es komplizierter, weil der Schuldner die Forderung bestreitet oder eine Ratenzahlungsvereinbarung ausgehandelt werden muss, kann die Gebühr höher ausfallen (z.B. eine 1,3 Gebühr).

Wichtig: Fantasiegebühren, überhöhte Mahnpauschalen, Kontoführungsgebühren für das Inkassokonto oder nicht nachvollziehbare „Bearbeitungsgebühren“ sind oft unzulässig. Der Schuldner hat jederzeit das Recht auf eine detaillierte, nachvollziehbare Aufstellung aller Kosten (getrennt nach Hauptforderung, Zinsen und den einzelnen Inkassogebühren).

Welche Rechte und Pflichten hat ein Schuldner im Inkassoverfahren?

Der Schuldner hat das Recht, sehr genau zu prüfen, ob die Forderung berechtigt ist. Bei einer unberechtigten Forderung kann und sollte er Widerspruch einlegen. Der Widerspruch sollte immer schriftlich (am besten per Einschreiben) und unter Angabe von Gründen direkt an das Inkassounternehmen (im vorgerichtlichen Verfahren) oder an das Gericht (beim Mahnbescheid) erfolgen.

Eine Forderung ist auch dann unberechtigt, wenn der Schuldner Gewährleistungsmängel angemeldet hat (z.B. die Ware war defekt) und die Gewährleistung (Reparatur oder Ersatz) nicht erfolgt ist.

Der Schuldner hat auch ein Recht auf Beratung und auf Transparenz bei den Kosten (siehe oben). Er kann und muss sich gegen unlautere Drohungen und Einschüchterungsversuche wehren. Dazu gehören Drohungen mit der Polizei, dem Arbeitgeber (sofern es nicht um eine legitime Lohnpfändung geht), Schufa-Einträgen (obwohl diese bei unbestrittenen Forderungen erfolgen dürfen) oder nächtliche Anrufe. Solche Methoden sind rechtswidrig und können bei der Aufsichtsbehörde für Inkassodienstleistungen gemeldet werden.

Der Schuldner ist jedoch verpflichtet, eine berechtigte Forderung zu begleichen. Er muss mit dem Inkassounternehmen zusammenarbeiten und es über seine finanzielle Situation informieren, spätestens wenn es zur Zwangsvollstreckung kommt (Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft). Ist eine Pfändung berechtigt und rechtmäßig (z.B. durch einen Titel), muss der Schuldner sie zulassen. Ignoriert der Schuldner berechtigte Forderungen, treibt er die Kosten durch Gerichts- und Vollstreckungsgebühren nur weiter in die Höhe.

Quellen:

https://www.sparkasse.de/pk/ratgeber/finanzplanung/hilfe-bei-finanzproblemen/inkassoverfahren.html

https://weisskopf-inkasso.de/ablauf-inkassoverfahren

https://hansen-forderungsmanagement.de/news/inkassoverfahren

https://www.schuldnerberatungen.org/inkasso/

https://www.schuldnerberatungen.org/inkasso

(Bildquelle: Pixabay.com – CC0 Public Domain)